Chronos und Kairos

Kennst du das Gefühl, dass die Zeit manchmal kaum voranschreitet, während sie in anderen Momenten nur so verfliegt? Dieses Zeitparadox begegnet uns in ganz unterschiedlichen Erfahrungen: Manchmal hetzen wir durch eng getaktete Meetings und kämpfen gegen die Uhr, ein anderes Mal sind wir so vertieft in unser Tun, dass wir den Lauf der Zeit gar nicht wahrnehmen. In beiden Situationen scheint die Zeit schnell zu vergehen – und doch fühlt sie sich jeweils ganz anders an. In ihrer Auseinandersetzung mit der Vielschichtigkeit der Zeit entdeckten die alten Griechen zwei unterschiedliche Arten von Zeit: Chronos und Kairos.

Was ist der Unterschied?

Chronos ist das quantitative Maß der Zeit, es geht um das unaufhaltsame, stetige Voranschreiten der Sekunden auf der Uhr. Kairos hingegen verkörpert die qualitative Dimension der Zeit. Es geht darum, im Moment zu leben, Chancen zu ergreifen und die Bedeutung des "richtigen Augenblicks" zu erkennen. Fun Fact: Chronos und Kairos stammen übrigens aus der griechischen Mythologie. Chronos, der Gott der ewig verrinnenden Zeit, ist der Vater von Zeus – man sagt, er sei ein grausamer Gott gewesen. Kairos, der jüngste Sohn von Zeus, ist der Gott der Gelegenheit. Er wurde mit einer Glatze beschrieben, hatte jedoch eine einzelne Haarlocke an der Stirn – die einzige Möglichkeit, ihn zu fassen. Daher stammt auch das deutsche Sprichwort "Eine Gelegenheit am Schopfe packen".

Also wo können wir Kairos heutzutage finden?

Die gute Nachricht ist: Kairos ist immer und überall. Kairos lässt sich im Alltag finden, sei es in der völligen Konzentration auf eine Aufgabe oder in einer kurzen Pause an der frischen Luft zur Regeneration. Das Konzept der Kairos-Zeit kommt dir vielleicht bekannt vor – in anderen Kontexten spricht man von einem Flow-Erlebnis. Dennoch ist es ein oft übersehenes Konzept, weil es schwer greifbar scheint. In den nächsten Artikeln werde ich praktische Wege erkunden, wie man das Erleben von Flow – oder Kairos-Zeit – bei verschiedenen Tätigkeiten fördern kann. Bis dahin lass uns die Schönheit wertschätzen, die sowohl Chronos als auch Kairos unserer Wahrnehmung von Zeit verleihen – und vielleicht findest du heute einen Moment, in dem du ganz bewusst die Gegenwart wahrnimmst.

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